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Verschriftung des Interviews von drei Mitgliedern der Wahlpflichtkurses Journalismus, 8. Klasse, mit


WPU: Was sind (grob) die Aufgaben einer Staatsministerin beim Bundeskanzler?


Staatsministerin Ryglewski:

Es gibt bei der Bundesregierung Minister, die Ebene darunter ist die der Staatssekretäre. Unter ihnen gibt es beamtete Staatssekretäre, die organisieren, wie das Ministerium läuft, und parlamentarische Staatssekretäre, die Kontakt zum Parlament halten und den Minister in Ausschüssen vertreten, wenn er keine Zeit dafür hat. Im Kanzleramt und im Auswertigen Amt können die parlamentarischen Staatssekretäre zu Staatsministern ernannt werden. Das hat auch etwas mit Außenwirkung zu tun, denn „Staatsminister“ klingt im Ausland irgendwie besser als „Staatssekretär“. Im Kanzleramt gibt es vier Staatsminister: Einen Ostbeauftragten, eine Integrationsbeauftragte, eine Beauftragte für Kultur und Medien und mich selbst als Zuständige für die Bund-Länder-Angelegenheiten. Ich sorge dafür, dass die Gesetze, die der Bundestag beschließt, auch im Bundesrat durchkommen und halte den Kontakt zu den Bundesländern. Aber ich vertrete die Bundesregierung auch im Parlament und im Ältestenrat und den Chef des Kanzleramts wenn er mal verhindert ist. Außerdem bin ich vom Kabinett mit der Zuständigkeit für nachhaltige Entwicklung betraut, ein Thema, das mir persönlich sehr am Herzen liegt.

WPU: Sie habe in der Diskussion schon erwähnt, dass Sie in Bremen leben, aber doch schwerpunktmäßig in Berlin arbeiten. Wie organisieren Sie ihr Leben zwischen Berlin und Bremen?


Staatsministerin Ryglewski:

Ich fahre viel hin und her und versuche möglichst am Wochenende in Bremen zu sein, wo mein Mann und meine Familie leben. Das klappt leider nicht immer. Natürlich ist es in so einer Situation wichtig, dass ich einen Partner habe, der mitzieht, und in besonders anstrengenden Phasen auch mal ein Wochenende nach Berlin kommt, damit wir Zeit miteinander haben.

Ich versuche auch wenn sich die Gelegenheit bietet, unter der Woche mal in Bremen zu sein, denn dort ist mein Wahlkreis, um den ich mich kümmern möchte. In einem solchen Fall erledige ich Aufgaben aus Berlin im Home-Office und per Videokonferenz. Da ist es wichtig, dass man sich gut organisiert und auch Büros hat, die das gut für einen tun.



WPU: Wie empfinden Sie es, als Erwachsene und Politikerin, hin und wieder zurück in der Schule zu sein und mit Schülerinnen und Schülern ins Gespräch zu kommen?

Staatsministerin Ryglewski:

Ich finde es super, denn ich habe mich auch schon als Schülerin für Politik interessiert. Man war irgendwie immer ein bisschen der Nerd, weil viele sich nicht so sehr dafür interessieren. Ich finde es aber toll, dass Politik heute – wie ich finde – auch von den Lehrern viel mehr aufgegriffen wird als früher. Ich habe das Gefühl, dass das heute viel mehr wertgeschätzt wird.

Ich diskutiere immer gerne mit jungen Menschen, denn eure Perspektive ist sehr wichtig. Was mir im Gespräch immer wieder auffällt, ist, dass die Themen, die junge Menschen beschäftigen, viel vielfältiger sind, als mancher es vielleicht annehmen würde. Nach meiner Wahrnehmung ist vielen jungen Menschen sehr klar, welche Bedeutung Politik auch für ihre Lebensrealität hat. Und wie wichtig die Diskussion darüber ist. Das freut mich sehr, auch für die politische Kultur in Deutschland.


WPU: In Bremen ist die SPD bei der Bürgerschaftswahl mit über 29% der Stimmen stärkste Kraft und so kann Andreas Bovenschulte Bürgermeister bleiben. Bei der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus erzielte die SPD dagegen nur 18,4 Prozent der Stimmen und daher hat Franziska Giffey den Posten der Regierenden Bürgermeisterin an die CDU abgetreten. Was hat die SPD Ihrer Meinung nach in Bremen besser gemacht als in Berlin?

Staatsministerin Ryglewski:

Beides lässt sich nicht so ganz miteinander vergleichen, aber sicherlich ist es so, dass die SPD in Bremen eine viel stärker ausgleichende Rolle hat als in Berlin. Wir regieren Bremen seit über 70 Jahren und sind deshalb sehr stark verwurzelt in jedem einzelnen Quartier. Und so versuchen wir, alle Menschen im Blick zu haben. Und das hat mit Andreas Bovenschulte gut funktioniert, weil er einfach der Typ für so etwas ist.

Zudem sind wir in Bremen gut durch die Corona-Krise gekommen, was viele Menschen nicht vergessen haben. Es wurden z.B. zu Beginn der Maskenpflicht, als Masken noch sehr teuer waren, diese an ältere Menschen verschickt, die ja besonders gefährdet durch das Virus waren. Außerdem haben wir es geschafft, dass die Schulen bei uns nur für eine relativ kurze Zeit geschlossen waren, so dass die Kinder weiterhin dort lernen konnten und nicht so viel von zu Hause. Und schließlich haben wir auch eine ziemlich gute Impfquote hinbekommen und sind wirtschaftlich ziemlich erfolgreich.


WPU: Wie stehen Sie zum Föderalismus in der Bildung, also dazu, dass die Bildungsinhalte nicht auf Bundes- sondern auf Landesebene bestimmt werden?

Staatsministerin Ryglewski:

Ich bin in letzter Zeit als Beauftragte für Bund-/Länderangelegenheiten viel in den Bundesländern herumgekommen. Und jedes Mal, wenn es um Bildung gehen sollte, musste man erst einmal schauen, wie das Schulsystem dort, wo man ist, aussieht. Das macht natürlich die Vergleichbarkeit schwierig und ist auch für Kinder, die mit ihren Eltern umziehen, total herausfordernd. Ich glaube, man sollte versuchen, etwas mehr Einheitlichkeit hinzubekommen, bin jedoch auch Realistin und glaube kaum, dass das weit gehen wird. Dafür, dass vielleicht einmal alles eins wird, sind die Anforderungen viel zu unterschiedlich.

Wenn ich Bremen mit Nordrhein-Westfalen vergleiche, wo ich aufgewachsen bin, fällt mir folgendes auf: In Bremen gibt es nach der Grundschule nur noch zwei Schulformen, die Oberschule und das Gymnasium. Und auch an der Oberschule kann man das Abitur machen. In Nordrhein-Westphalen dagegen gibt es immer noch das traditionelle dreigliedrige Schulsystem mit nur ein paar Gesamtschulen, die auch nicht den besten Ruf haben.

Ich glaube, dass das Bremer System grundsätzlich eines ist, mit dem Kinder besser gefördert werden können als mit dem Nordrhein-Westfälischen Konzept mit Hauptschule, Realschule und Gymnasium.

Aber es muss natürlich sichergestellt sein, dass jeder bei seinem Abschluss auch das Gleiche gelernt hat. Und an dieser Stelle muss noch viel investiert werden.


WPU: Es ist doch aber auch so, dass das Abitur aus unterschiedlichen Bundesländern auch einen unterschiedlichen Ruf genießt. Das Bayerische Abitur z.B. ist häufig sehr gut angesehen, während z.B. das Berliner Abitur im Vergleich dazu als weniger wertig angesehen wird.

Staatsministerin Ryglewski:

Das stimmt wohl. Wenn man sich aber beispielsweise auf zugangsbeschränkte Studienplätze bewirbt, sagt natürlich keiner, dass die Berliner wegen ihres vermeintlich weniger wertigen Abiturs heruntergestuft werden sollten.

Ich glaube, dass die Bayern gerne so tun, als ob ihr Abitur etwas Besseres wäre, aber man darf das immer nicht überbewerten. Als ich zum Studium nach Bremen gezogen bin, hatte ich Kommilitonen aus allen möglichen Bundesländern. Und die Frage, wie erfolgreich die im Studium waren, hat nicht davon abgehangen, in welchem Bundesland sie ihr Abitur gemacht hatten. Ich glaube, wenn man etwas mitnehmen will aus der Schule, dann kann man damit in allen sechzehn Bundesländern seine Schulzeit mit einem großen Schatz an Wissen und Fähigkeiten abschließen. Dennoch wäre gut, wenn die weniger Starken von den Stärkeren lernen und umgekehrt, das gilt für Schülerinnen und Schüler genauso wie für Schulsysteme in den verschiedenen Bundesländern.


WPU: Sie habe in der vorangegangenen Diskussion mit SchülerInnen über viele Themen, wie Energiepolitik oder auch nachhaltiges Wirtschaften, diskutiert.

Staatsministerin Ryglewski:

Genehmigungen könnten immer schneller erteilt werden, das gilt beinahe überall. Das Hauptproblem ist aber meines Erachtens, dass man kaum jemanden findet, der einem die neuen Heizsysteme einbaut. Das kennt jeder, der Handwerker sucht, weil etwas repariert werden muss. Und gerade bei energetischer Sanierung gibt es Sachen, die eher kompliziert sind und auch gut zusammenpassen müssen. Und dafür braucht man Expertinnen und Experten. Sonst kann es einem passieren, dass man im Haus irgendwann überall Schimmel hat. Und in diesem Punkt haben wir wirklich ein Problem, weil es einfach zu wenige Leute gibt, die sich im Handwerk ausbilden lassen.


WPU: Bezüglich des nachhaltigen Wirtschaftens in Deutschland haben wir uns noch gefragt, warum Vapes (elektrische Ein-Weg-Zigaretten) eigentlich noch nicht verboten, sondern teilweise sogar für Jugendliche zugänglich sind. Unseres Wissens wird beim Verdampfen von sechs Vapes insgesamt ein Handy-Akku verbraucht. Und in einem solchen sind viele Teile, die sehr umweltschädlich sind. Außerdem sind Vapes auch noch gesundheitsschädlich.

Staatsministerin Ryglewski:

Ich glaube, dass der ganze Umgang mit Vapes und ihren Folgen stark verharmlost wird, was ich gefährlich finde. Ein weiteres Problem ist für mich, dass sich das Produkt eher an junge Kunden richtet. Mein Mann raucht, aber ihn könnte man kaum dazu bekommen, z.B. etwas wie eine Lemon/Cheesecake-Vape zu rauchen.

Es gibt es eine Diskussion darüber, mit meiner Position habe ich mich aber bislang nicht durchsetzen können. Und ich finde es notwendig, dass man generell noch einmal auf Wegwerfprodukte schaut. Definitiv richtig erscheint mir das Verbot von Plastik-Einweg-Geschirr, denn ich denke, jeder der picknickt kann sich Kunststoff-Geschirr mitnehmen und hinterher abwaschen.


Frau Ryglewski, wir danken Ihnen für das Gespräch.


Interview geführt von Eva B., Tamara N. und Linus V. (WPU-Jounalismus)

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